Breites Linkes Bündnis TU Berlin
c/o EB 104
PRESSEMITTEILUNG
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit dem 31. Oktober 2006 setzt sich nun der neu gewählte AStA der TU Berlin aus dem Ring Christdemokratischer Studenten (RCDS) und den sogenannten Unabhängigen Listen zusammen. Der zu erwartenden künftigen Praxis des konservativen AStA steht das Breite Linke Bündnis äußerst kritisch gegenüber. Für die Vertretung der Studierenden durch den neuen AStA erweisen sich verschiedene Punkte als bedenklich.
Zum einen ist da die mangelnde Transparenz der zur Wahl gestellten sogenannten Unabhängigen Listen zu nennen. Dass sich hinter dem Label „Unabhängige Listen“ hauptsächlich Mitglieder des RCDS tummeln, bleibt den Wähler_innen größtenteils verborgen. So vermochte es der RCDS eine Mehrheit im Studierenden-Parlament (StuPa) hinter sich zu vereinen, welche keineswegs parteiunabhängig, sondern ganz klar im konservativen Spektrum verhaftet ist. Schon anderen Orts versuchte der RCDS an Hochschulen durch solche „Tarnlisten“ Fuß zu fassen und somit Wähler_innenstimmen zu mehren.
Nicht nur die Undurchsichtigkeit der Listen veranlassen das Breite Linke Bündnis zur Sorge, vielmehr auch die undemokratische Handhabe bei der ersten ordentlichen Sitzung des StuPa durch den RCDS stellen das Fortbestehen eines progressiven AStA in Frage. Obwohl die Satzung des StuPa vorsieht, dass die Kandidat_innen für die autonomen Referate (Frauen, AusländerInnen und homo-, trans-, bisexuelle und andere soziale Minderheiten) auf den Vollversammlungen der jeweiligen Gruppen gewählt werden und vom StuPa nur noch bestätigt oder abgelehnt werden sollen, setzte sich das rechte Bündnis darüber hinweg und wählte seine eigenen Kandidat_innen. Diese Praxis gibt einen Ausblick auf das Demokratieverständnis des neuen AStA.
Auch spiegelt sich in keiner Weise die Studierendenschaft der TU in dem neuen AStA wider. So hätte schon bei der Inaugenscheinnahme der Listen auffallen müssen, dass es sich vorwiegend um männliche Studierende der Wirtschaftswissenschaften handelt. Auch in der Vergabe der Referate des AStA zeichnet sich diese Hegemonie ab. Nur ein einziges Referat – das Frauenreferat- wurde mit einer Frau, Isabelle Butz, besetzt. Dass mit einer solch gravierenden männlichen Mehrheit im AStA die Benachteiligung von Frauen im Studium und der Forschung entgegengetreten wird, ist nicht zu erwarten.
Ähnlich verhält es sich bei der Vertretung der Interessen ausländischer Studierender. Bis auf das AusländerInnenReferat ist in dem neuen AStA keine weitere Person mit Migrationshintergrund vertreten. Gerade an der TU Berlin, an der die meisten ausländischen Studierenden in Berlin immatrikuliert sind, sollten diese auch durch ein studentisches Organ wie den AStA angemessen in Erscheinung treten. Der jetzige AStA kann das jedoch nicht gewährleisten.
Prekär gestaltet sich auch die Interessenvertretung der einzelnen Fachbereiche. So waren im bisherigen AStA die Referate an Student_innen aus verschiedenen Fachbereichen vergeben. Die Federführung studentischer Interessen unterliegt jetzt allerdings im neuen AStA vorwiegend Referent_innen des Bereichs der Wirtschaftswissenschaften. Es ist zu bezweifeln, ob der neue AStA die Belange der Studierenden an der TU angemessen vertreten kann. So tritt der RCDS beispielsweise für die Erhebung von Studiengebühren ein und unterstützt die Einführung der CampusCard an der TU Berlin, gegen die sich die der alte AStA noch erfolgreich behaupten konnte.
Auch dem Semesterticket, auf welches die meisten Studierenden angewiesen sind, möchte sich der RCDS am liebsten entledigen. Mit dieser inhaltlichen Ausrichtung werden sozial Schwache vom Studium bewußt ausgeschlossen. Dem geht die Ansicht voraus, eine Hochschule sei ein Unternehmen.
Mit diesem Verständnis geht der RCDS auch an die Arbeit im AStA heran. Doch der AStA ist in seiner Funktion ein Organ der studentischen Selbstverwaltung, welches durch einen Beitrag von 7,10 € von 234,78 € (Verwaltungsgebühr: 50,- €, Studentenwerksbeitrag: 30,68 €, Semesterticket + dazugehörigem Sozialfonds: 147,- €) pro Studierendem der TU Berlin im Semester finanziert wird und mit diesen Mitteln ein breites Angebot an Dienstleistungen und Beratungen, wie die AStA-eigene Druckerei, die Bafög- und Sozialberatung, die AusländerInnenberatung, usw. zur Verfügung stellt.
Einerseits diesen minimalen Beitrag senken zu wollen – wie es die Wahlforderung des RCDS war – und andererseits für eine Studiengebühr in Höhe von mehreren hundert Euro einzutreten ist eine Farce.
Ähnlich verhält es sich mit den Bestrebungen des RCDS hinsichtlich der Abschaffung der Druckerei. So postulierte der RCDS die Abschaffung der Druckerei, unter dem Vorwand der Unwirtschaftlichkeit, ohne sich inhaltlich überhaupt mit der Arbeit der Druckerei sowie den Beschäftigten auseinander zusetzen. Die Druckerei ist ein wichtiger Bestandteil studentischer Selbstverwaltung – und das bereits seit Jahrzehnten- welche Studierenden, Fachschaftsinitiativen und anderen studentischen Gruppen die Möglichkeit gibt, Publikationen zu den Themen Bildung, Politik, Gesellschaft, Antirassismus und Antifaschismus zu veröffentlichen, zu denen sie selbstorganisiert arbeiten. Doch diese Publikationen, die von Studierenden getragen werden, sind in den Augen des RCDS einzig und allein „Propaganda für das linke Spektrum“. Mit der Schließung der Druckerei würde somit ein wesentlicher Bestandteil der Studentischen Selbstverwaltung wegbrechen.
Nicht weniger kritisch sieht es das Breite Linke Bündnis, wie achtlos und leichtsinnig der RCDS mit den dortigen beschäftigten Student_innen verfahren will. Diese Arbeitsplätze werden unter fadenscheinigen Vorwänden gefährdet und vom RCDS machtpolitisch instrumentalisiert.
Eine Hochschule ist immer noch eine Bildungsressource und kein Wirtschaftsunternehmen!
Bei Fragen o.ä. steht Ihnen ein Sprecher des Breiten Linken Bündnisses, Martin Delius, gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
BreiLiBü